06. Juli 2023 | Nicolas Di Maggio

Marktrückblick – erstes Halbjahr 2023

Wirtschaftslage

Im Anleiheuniversum ist die Rezession seit Sommer 2022 in den USA, dann in der Eurozone am Ende desselben Jahres und seit einigen Wochen auch in der Schweiz in den Gedanken präsent. Die Inversion der Zinskurven zwischen den 2- und 10-jährigen Zinssätzen erreicht momentan Rekordwerte von ca. 1% in den USA, 0.8% in Europa und 0.2% in der Schweiz.

Während der Markt noch vor einigen Wochen die ersten Zinssenkungen bereits für das 3. Quartal dieses Jahres erwartete, mussten die Marktteilnehmer ihre Erwartungen überdenken. Es wurde festgestellt, dass die Wirtschaftstätigkeit trotz der starken Verlangsamung in den letzten Quartalen weiterhin widerstandsfähig ist. Technisch gesehen wird es Anzeichen für eine Rezession geben (zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP)), aber es bleibt festzustellen, dass sich die Weltwirtschaft derzeit als äusserst widerstandsfähig erweist, was die Arbeit der Zentralbanken erschwert.

Das desinflationäre Umfeld, das uns in den ersten sechs Monaten des Jahres begleitete, dürfte in den kommenden Monaten allmählich verschwinden, wenn der Basiseffekt nachlässt. Wir werden dann mit einer Kerninflation konfrontiert sein, die hartnäckiger ist als erwartet und die wahrscheinlich eine längere Phase höherer Zinssätze oder sogar eine Rezession und eine Abschwächung des Arbeitsmarktes und der Nachfrage erfordern wird. Zur Erinnerung: Der von der Fed für 2022 erwartete Endzinssatz zur Bekämpfung der Inflation lag bei 2.8%, Anfang des Jahres lag er noch bei 5.1% und jetzt bei 5.6%.

Die Situation in der Schweiz bleibt komfortabler, da die Inflation und damit logischerweise auch die Zinssätze deutlich niedriger sind, aber der Trend bleibt ähnlich. Die Instrumente, die der SNB zur Verfügung stehen, sind vielfältig und werden parallel eingesetzt. Einerseits wurden die Zinsen von 1.0% zu Jahresbeginn auf 1.75% angehoben. Andererseits können Devisenportfolios oder direkte Interventionen am Devisenmarkt einen starken Schweizerfranken aufrechterhalten und so die importierte Inflation begrenzen.

Direkte Immobilien

Der Anstieg der Zinssätze und damit der Finanzierungsbedingungen wirkt sich allmählich auf die Nachfrage nach privaten Immobilien aus, die unter den Durchschnitt der letzten Jahre gesunken ist, laut einer aktuellen Studie der Credit Suisse. Trotz der begrenzten Bautätigkeit werden immer mehr Immobilien zum Verkauf angeboten und die Angebotsquote steigt. Die jüngsten Zahlen von Wüest Partner zeigen zwar noch einen geringen Preisanstieg bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, aber es besteht kein Zweifel daran, dass der Höhepunkt erreicht ist und in den kommenden Quartalen Preisrückgänge zu verzeichnen sein werden.

Im Bereich der Renditeimmobilien ist eine Entspannung der Preise bei den Transaktionen zu erkennen, wobei die gezahlten Nettoanfangsrenditen allmählich wieder auf über 2% ansteigen, wie aus dem jüngsten Immobilienbarometer von Fahrländer Partner hervorgeht. Der Markt basiert jedoch auf äusserst soliden Fundamenten, die den Anstieg der Diskontsätze in den kommenden Jahren zumindest teilweise kompensieren werden.

Trotz eines begrenzten Geburtenüberschusses in der Grössenordnung von 18’000 bis 20’000 pro Jahr setzt sich das starke Bevölkerungswachstum in der Schweiz dank eines Wanderungsüberschusses (2022: +81’345) fort. Dieser hat sich seit 2022 sogar wieder beschleunigt und liegt in den ersten fünf Monaten des Jahres bereits bei 40’686 Personen. Die seit 2018 stetig abnehmende Bautätigkeit lässt für 2023 kaum mehr als 50’000 zusätzliche Wohnungen erwarten. Hinzu kommen noch mehr als 60’000 Flüchtlinge aus der Ukraine mit dem Schutzstatus S, die nach und nach ebenfalls auf der Suche nach einer Wohnung sind.

Unter diesen Umständen ist es nicht überraschend, dass die Leerstandsquote sinkt, was erneut die Angst vor einem landesweiten Mangel aufkommen lässt. Die betroffenen Akteure (Bund, Kantone, Städte, Gemeinden und die Bau- und Immobilienbranche) haben sich sogar zu einem runden Tisch zusammengefunden, um mögliche Lösungen zu diskutieren. Zweifellos muss die in den letzten Jahren beobachtete Verlängerung der Dauer für die Erteilung von Baugenehmigungen überdacht werden, wenn wir die Bautätigkeit in den kommenden Jahren ankurbeln wollen.

Schliesslich wird die erste Erhöhung des Referenzzinssatzes und die Möglichkeit, bis zu 40% der Teuerung in laufenden Mietverträgen weiterzugeben, einen starken Einfluss auf die Mieten in den kommenden Quartalen haben. Dies gilt umso mehr, als eine weitere Erhöhung um 0.25% bis zum Ende des Jahres wahrscheinlich ist, was einen weiteren Anstieg um etwa 3% ermöglichen wird.

Zur Erinnerung: Während der Immobilienkrise in den 1990er Jahren stieg die durchschnittliche Miete von CHF 820 im Jahr 1990 auf CHF 1’059 im Jahr 2000, was einem Anstieg von 29.1% bei einer kumulierten Inflation von 23.4% im gleichen Zeitraum entspricht. Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2021 betrug die durchschnittliche Miete in der Schweiz CHF 1’393 und bietet immer noch einen Schutz vor der aktuellen Inflation, wenn man die aktuelle Einkommens- und Ausgabenstruktur der Haushalte betrachtet.

Indirekte Immobilien

Nach einem soliden Start in den ersten Januarwochen erlebte der indirekte Markt eine kompliziertere Zeit mit der CS-Schockwelle, zwei weiteren Zinserhöhungen der SNB und einer sichtbaren Abschwächung der Nachfrage auf dem direkten Immobilienmarkt, die sich langsam in den Daten niederschlägt.

Andererseits war der Markt, wie wir für das Jahresende 2022 erwartet hatten, recht widerstandsfähig und ging auf dem Höhepunkt der Unsicherheit im März 2023 um nicht mehr als 5% zurück. Dies bestätigt, dass die Zinserhöhung in den Börsenkursen der indirekten Anlagen, die auch von den soliden Fundamentaldaten des langfristigen Schweizer Immobilienmarktes profitieren, richtig antizipiert wurde.

Bei den börsenkotierten Immobilienfonds war die Aktivität auf dem Primärmarkt praktisch inexistent, mit Ausnahme des Immobilienfonds Cronos, der CHF 38.3 Millionen aufnahm, wovon CHF 6.3 Millionen auf Sacheinlagen entfielen. Bei den nicht börsennotierten Fonds und Immobilienstiftungen war die Aktivität deutlich geringer als in den letzten Jahren, mit einer Aktivität von knapp über einer Milliarde Schweizerfranken.

Performance

Der Jahresbeginn war für die Aktienmärkte äusserst günstig, mit einer Semester Performance von +8.2% für den Schweizer Aktienindex SPI, +12.0% in CHF für den MSCI World Index und +13.4% in CHF für den S&P500 Index der US-Aktien.

Der Anleihenmarkt verzeichnete im ersten Halbjahr ebenfalls eine positive Performance, wie der SBI AAA-BBB Obligationenindex mit einer Performance von +3.6% belegt, und dies trotz der Erhöhung des Leitzinses durch die SNB im März und Juni. Die Abflachung der Kurve in der Schweiz und der relative Rückgang der mittleren und langen Laufzeiten im Berichtszeitraum trugen zu dieser guten Performance bei.

In diesem Umfeld schnitten indirekte Schweizer Immobilien nur geringfügig besser ab als die ausländischen Indizes. Der SWIIT-Index für Immobilienfonds beendete das Halbjahr mit einer Performance von -0.4%, während der REAL-Index für Gesellschaften um +0.2% stieg. Im Vergleich dazu schloss der FTSE EPRA/NAREIT Developed Index der globalen Immobiliengesellschaften mit einer negativen Performance von -1.4%.

Schliesslich verzeichnete der KGAST-Index für Immobilienstiftungen seinen schwächsten Start seit über 20 Jahren mit einer Performance nach 5 Monaten von +1.2% gegenüber einem Durchschnitt der letzten fünf Jahre von +1.8%.

Nachhaltigkeit

Die Koordination zwischen den Verbänden und Interessensgruppen intensiviert sich und einheitliche Lösungen werden angestrebt.

Die Asset Management Association Switzerland (AMAS) ist in der Ausarbeitung von Präzisierungen zu den umweltrelevanten Kennzahlen, welche voraussichtlich ab 30. Juni 2024 verpflichtend sein werden und gleichzeitig empfiehlt AMAS den Mitgliedern, sich an den «Methodischen Grundlagen» der REIDA CO2-Benchmark zu orientieren. Dies sind wertvolle Fortschritte, die die Qualität und Vergleichbarkeit der Kennzahlen klar verbessert.

Zu den Swiss Climate Scores (SCS) wurde eine Konsultation durchgeführt und Swiss Sustainable Finance und AMAS haben gemeinsam eine Antwort ausgearbeitet, die wir unterstützen. Gegenwärtig werden «Real Estate Asset Manager» noch explizit ausgeschlossen. Dies ändert nichts an unserer Verpflichtung zu den Netto-Null Zielen und wir arbeiten weiter beharrlich an unserer ESG-Datenbank, um die bestmögliche Transparenz auszuweisen. Die SCS fassen die Scopes 1 und 2 zusammen und führen Scope-3-Emissionen separat aus, was sich als Standard durchsetzt. Im Bereich «Credible Climate Stewardship» haben wir eingebracht, dass bei der Ausübung von Stimm- und Wahlrechten an Generalversammlungen ein ESG-Engagement sinnvoll ist, da nur so unsere Position erläutert werden kann.

Die Daten für die diesjährigen GRESB-Berichte mussten bis Ende Juni eingereicht werden. Im kotierten Segment haben drei Fonds eine erstmalige Teilnahme bereits erwähnt (Immofonds, Swiss Central City und Residentia) sowie Intershop. Gemessen an der Marktkapitalisierung des SXI Real Estate Fund Index erhöht sich die Abdeckung per Ende Juni um 4% auf 76%. Beim SXI Real Estate Shares Index erhöht sich die Abdeckung um 3.5% auf 86%.

Ausblick

Der Kapitalmarkt wird auch in den kommenden Monaten schwierig bleiben, vor allem vor dem Hintergrund der angekündigten Kotierungen, die Auswirkungen auf den Gesamtmarkt haben werden, der nach wie vor stark von Portfolioumschichtungen passiver Anleger beeinflusst wird.

Wir erwarten zum Beispiel die Kotierung des Sustainable Real Estate Switzerland Fund im Laufe des Septembers mit einem Nettovermögen in der Grössenordnung von CHF 360 Millionen. Das vierte Quartal könnte mit der möglichen Kotierung des CS 1a Immo PK Fonds mit einem Nettovermögen von CHF 3.3 Milliarden, aber auch des ZIF Immobilien Direkt Schweiz mit einem Nettovermögen von 1.1 Milliarden noch volatiler werden.

Die Zentralbanken machten auch deutlich, dass sie ihren Kampf gegen die Inflation fortsetzen würden und dass die Stärke des Arbeitsmarktes wahrscheinlich eine Fortsetzung des Zinserhöhungszyklus erfordern würde. Diese Politik, zusammen mit den Signalen der inversen Zinskurven, erhöht das Risiko einer Rezession in den nächsten zwölf Monaten erheblich.

Auf der anderen Seite liegt die durchschnittliche aktuelle Dividendenrendite im Verhältnis zum 10-jährigen Bundessatz weiterhin deutlich über dem langfristigen Durchschnitt und die Kurskorrektur an den Börsen im Jahr 2022 hat liquide Anlagen im Vergleich zum direkten Immobilienmarkt auf attraktiven Niveaus positioniert. Der anhaltende Rückgang der Leerstandsquote und die Mietpreissteigerungen bieten ebenfalls eine unbestreitbare Unterstützung für die Anlageklasse.

Fazit

Am 30. Juni 2023 liegt das durchschnittliche Agio-Niveau der Immobilienfonds bei 11.9%, was eine Dividendenrendite von 2.83% bei einem operativen Payout von 99.5% ergibt. Für Immobiliengesellschaften beträgt die Dividendenrendite sogar 4.03% bei einem operativen Payout von 88.6%, dank einer Bewertung, die ein durchschnittliches Disagio von 6.7% aufweist.

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