Im Immobilienmarkt, insbesondere im Bereich der Anlageimmobilien, bekommen ESG-Kriterien eine immer höhere Bedeutung. Es besteht eine zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen Immobilienlösungen, die ökologisch und ökonomisch gleichermassen attraktiv sind. Immobilienprojekte, die die Energieeffizienz fördern, Ressourcen schonen und gesunde Lebensräume bieten, werden zunehmend bevorzugt. Dabei gewinnen soziale Aspekte wie die Förderung sozialer Integration und die Schaffung angenehmer Lebensräume für die Bevölkerung an Bedeutung.
Das Thema ESG ist auch bei Immobilieninvestoren omnipräsent. Immobilieninvestoren sehen sich verpflichtet, die Klimaziele 2030 und 2050 des Schweizerischen Bundesrats, mit denen eine langfristige Reduzierung der Treibhausgase gemäss Pariser Klimaabkommen angestrebt wird, einzuhalten. Nicht zuletzt versteht sich hier ebenfalls der Gesetzgeber als treibende Kraft. Nebst den regulatorischen Anforderungen üben zunehmend auch weitere Anspruchsgruppen in der Immobilienbranche und institutionelle Anleger Druck auf Immobilienunternehmen aus, ESG-Kriterien in ihre Strategie und Prozesse zu übernehmen und ihre Immobilienportfolios ESG-konform resp. klimaneutral zu entwickeln und zu führen.
Das steigende Bedürfnis institutioneller Investoren, ihre Portfolios in Bezug auf ESG zu optimieren, führt im Hinblick auf ihre Transaktionsaktivitäten zu zwei Konsequenzen. Einerseits gewinnt die Prüfung der angebotenen Objekte im Hinblick auf ESG-Kriterien an Gewicht innerhalb des Due-Diligence-Prozesses. Dabei haben Investoren zusammen mit externen Beratern eigene ESG-Bewertungs-Tools entworfen, welche es nun im Due-Diligence-Bericht zu berücksichtigen gilt. Weiterhin wird auch simuliert, wie sich ein möglicher Ankauf auf den bereits definierten Absenkpfad der investierenden Gefässe auswirkt und welche Massnahmen allenfalls zu treffen sind, damit das neue Objekt auch langfristig positiv zum Absenkpfad beiträgt. Auch innerhalb der SFP Gruppe sind diese Themen beim Ankaufsprozess von zentraler Bedeutung und werden anhand eines gesonderten Reportings geprüft.
Eine weitere Konsequenz ist der vermehrte Verkauf von nicht nachhaltigen Objekten. In den vergangenen Jahren konnten wir bei den uns angebotenen Objekten beobachten, dass der Anteil an nicht nachhaltigen Objekten stetig zugenommen hat.
Quelle: Swiss Finance & Property Group, 2024
Seit 2021 liegt der Anteil der uns angebotenen nicht nachhaltigen Objekte bei über 50% des gesamten angebotenen Volumens. Gleichzeitig hat der Anteil der neuwertigen Liegenschaften vom Höchststand von 42% im Jahr 2020 auf lediglich 19% im Jahr 2023 abgenommen. Für das Jahr 2024 erwarten wir eine weitere Abnahme des Anteils neuwertiger Liegenschaften.
Dieser Rückgang beim Angebot von neuwertigen und damit nachhaltigen Liegenschaften, zusammen mit dem Fokus der institutionellen Investoren beim Ankauf auf genau diese Liegenschaften, hat sich bei den von uns beobachteten Transaktionen auf die Renditen dieser Liegenschaften ausgewirkt. Ebenso hat sich diese Tendenz auf die Nachfrage und damit auch auf die Renditen der nicht nachhaltigen Liegenschaften ausgewirkt.
Quelle: Swiss Finance & Property Group, 2024
Isoliert betrachtet sollte die geänderte Nachfragesituation nun zu einem «green premium» bei nachhaltigen Liegenschaften führen, bzw. zu einem «brown discount» für nicht nachhaltige Liegenschaften. Mitten in diese Entwicklung hinein fiel im Jahr 2022 jedoch die Zinswende, welche theoretisch für alle Liegenschaften zu sinkenden Preisen hätte führen sollen. Was wir jedoch anhand der eigenen Zahlungsbereitschaft sowie der von uns beobachteten Transaktionen nachvollziehen können, ist eine Stagnierung der Rendite von nachhaltigen Liegenschaften und ein Anstieg der Renditen bei nicht nachhaltigen Liegenschaften. Dies führt in unserer Beobachtung zu einem deutlichen Spread zwischen diesen beiden Objektarten und damit zu einem klar wahrnehmbaren «brown discount».
Da institutionelle Investoren bis zur Zinswende eine bedeutende Käufergruppe innerhalb des Immobilienmarktes dargestellt haben, führt deren Wegfall insbesondere beim Käuferkreis der nicht nachhaltigen Liegenschaften zwangsläufig zu einem Anpassungsbedarf beim Verkauf dieser Liegenschaften. Wie bereits erwähnt, ziehen viele institutionelle Investoren einen Verkauf von kleineren, älteren Liegenschaften mittlerweile verstärkt in Betracht, um Kapazitäten bei ESG-bedingten Sanierungen grösserer Liegenschaften bündeln zu können. Diese Lücke bei der Absorption des Angebots konnten Privatinvestoren teilweise schliessen, jedoch zeigt sich hier deutlich eine andere Zahlungsbereitschaft, u.a. auch deshalb, weil Banken bei der Vergabe von Hypotheken auch verstärkt die Nachhaltigkeit der von ihnen finanzierten Liegenschaften im Blick haben. Um beim Verkauf dieser Liegenschaften erfolgreich zu sein, ist es von zentraler Bedeutung, diese Investorengruppe gut zu kennen und auf deren Bedürfnisse eingehen zu können. Zweistufige Bieterprozesse wirken oftmals abschreckend auf diese Investorengruppe. Um nicht nachhaltige Objekte im aktuellen Marktumfeld zu attraktiven Preisen und in nützlicher Frist verkaufen zu können, ist es wichtig, diesen Investoren eine gewisse Transaktionssicherheit über einen beschränkten Investorenkreis bieten zu können. Daher stellt sich mittlerweile die Frage, ob der in den vergangenen Jahren fast unumgängliche zweistufige Bieterprozess für diese Objekte nach wie vor das Mittel der Wahl ist.
Es zeigt sich klar, dass sich der Immobilienmarkt aufgrund der steigenden Anforderungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit in einem Umbruch befindet, welcher durch die Zinswende weiter verstärkt wurde. Die Investoren müssen sich nun zeitnah auf die geänderten Verhältnisse einstellen, um die sich daraus ergebende Chancen und Möglichkeiten nutzen zu können.