28. Juli 2020 | Nicolas Di Maggio

Kotierung und Indexaufnahme eines Immobilienfonds

Zu den kursrelevanten Ereignissen zählten im ersten Halbjahr nicht nur realwirtschaftliche Ereignisse, wie zum Beispiel die Auswirkungen der weltweiten Pandemie, sondern auch Kapitalmarkt-Ereignisse, wie zum Beispiel die Kotierung mit Indexaufnahme eines Immobilienfonds.

Auch in diesem Fall hat die Börsenkotierung die Muster der Preisentwicklung der betreffenden Anlage wie auch der bestehenden Anlagen im Index berücksichtigt. Nicht zu vergessen dabei sind die Kursverwerfungen der letzten Jahre, welche unter anderem auch dazu geführt haben, dass die Schweizer Börse den Aufnahmeprozess weiterer Fonds in den Index entsprechend angepasst hat. So wird nach der letzten Revision der Indexregeln der Eintritt eines Titels nicht mehr innerhalb eines Tages, sondern schrittweise an drei Handelstagen vollzogen.

Vier Jahre nach Anpassung des Aufnahmeprozesses von Fonds in den Index finden wir jedoch wiederum eine ähnliche Situation vor. Die erneute Zunahme an Kursverwerfungen trotz verlängerter Anpassungsdauer der Indexgewichtungen führen in diesem Fall auf den über die letzten Jahre steigenden Anteil an Passivinvestoren im Markt zurück. Der weiterhin illiquide Markt für diese kotierten Immobilienanlagen trifft auf eine zunehmende Anzahl von Passivinvestoren, welche bei Indexanpassungen ausschliesslich das folgende Ziel haben: Das Anpassen der Titelgewichtungen in ihren Portfolios bis Handelsschluss nachgeführt zu haben, ohne Sensibilität auf die dafür bezahlten Preise.

Mit der Annahme einer Börsenkotierung gewinnt ein solcher Fonds für Investoren an Attraktivität, insbesondere für aktive Investoren, die sich frühzeitig positionieren möchten und somit gegenüber passiven Investoren Arbitragewinne erzielen möchten.

Die Mitteilung vom 29. Mai 2020, dass die Kotierung noch im ersten Semester 2020 durchgeführt werde, führte zu deutlich stärkerer Nachfrage nach diesem nicht kotierten Fonds als nach den in der Grafik mittels blauer Linie dargestellten Index-Anlagen.

Das Kursfeuerwerk für diesen Titel setzte mit dem ersten Tag der Indexaufnahme am 25. Juni ein. Nach einem verhaltenen Start in den Handelstag bei nur wenig Handelsvolumen erfolgte der Abschluss – nach bekanntem Muster – mit einem deutlichen Preisanstieg und grossen Handelsvolumen. Die Verkäufer waren vorbereitet und die bereits hohe Bewertung des Titels mobilisierte einen Teil von ihnen zum Verkauf.

Als am zweiten Handelstag das Handelsvolumen der Anlage bereits im frühen Tagesverlauf zugenommen hatte, wurde von den Teilnehmern am Markt eine fortgeschrittene Integration dieses Titels in den Portfolios von Passivinvestoren vermutet, was im Vergleich zum Vortag zu einem gemässigteren Handelsschluss hätte führen müssen.

Der Handelsschluss des zweiten Handelstages wiederspiegelte jedoch eine Situation, welche die Schweizer Börse SIX vor vier Jahren zum Anlass nahm, die Regeln zur Indexaufnahme neuer Immobilientitel anzupassen. So hat auch diesmal eine Anzahl von Käufern nicht eine genügende Anzahl von Verkäufer gefunden. Als direkte Folge davon wurden bei Handelsschluss des zweiten Handelstages keine Abschlüsse verbucht und somit konnte ebenfalls kein Schlusskurs definiert werden.

Zahlreiche passive Anleger konnten nicht wie vom Index gefordert am zweiten Handelstag zu zwei Drittel des finalen Indexgewichtes des Titels bedient werden. Sie wiesen damit eine Abweichung ihrer Positionierung gegenüber Benchmark aus. So überraschte es nicht, dass am dritten Handelstag die Passivinvestoren ihre Nachfrage nach diesem Titel nochmal deutlich steigerten. Der Kurs stieg bis Börsenschluss auf ein Rekordniveau an, welches vermutlich für längere Zeit so nicht mehr erreicht wird.

Nach Vollzug der Aufnahme des neuen Titels in den Index konnte entsprechend eine rückläufige Nachfrage nach diesem Fonds und so ein rascher Kursrückgang beobachtet werden. Das Zitat, dass «Bäume nicht in den Himmel wachsen» wurde auch hiermit wieder eindrucksvoll bestätigt.

Das jüngste Ereignis am Markt der kotierten Schweizer Immobilienfonds, insbesondere auch der Kursrückgang dieses Titels zum Schluss des Ereignisses, ist auf die Haltung der passiven Investoren zurückzuführen. Diese Art von Ereignissen bestätigt, dass sich ein aktiver Investitionsansatz gegenüber passivem Investieren lohnt. Gestützt auf eine fundierte Expertise bei Immobilieninvestitionen können aktive Investoren übertriebene Preisentwicklungen erkennen und durch aktive Positionierung entsprechend Mehrwert gegenüber Passivinvestoren schöpfen.

Nicolas Di Maggio

Lebenslauf

  • Seit 2021 Head Asset Management Indirect Investments sowie CEO der Swiss Finance & Property AG
  • Von 2017 bis 2021 Head Asset Management Indirect Investments sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei Swiss Finance & Property AG
  • Von 2007 bis 2017 Leiter des indirekten Immobilienmanagements bei der Banque Cantonale Vaudoise
  • Langjährige Erfahrung im Asset Management mit anerkanntem Leistungsausweis und solider Performance im Immobilienbereich
  • Certified International Investment Analyst (CIIA), MSc in Wirtschaftswissenschaften und Managementwissenschaften an der Universität Lausanne, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (HEC)

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